Die Filmemacherin Karin Malwitz – Portrait eines Lebensweges

Karin Malwitz PortraitWas passiert, wenn ein Geigenvirtuose plötzlich nichts mehr hört? Das erzählt die Frankfurter Filmemacherin Karin Malwitz in ihrem poetischen Kurzfilm „Geigensolo“. Der Film wurde mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ ausgezeichnet und ist jetzt auf internationalen Festivals zu sehen. Wenn man den Werdegang der Filmemacherin betrachtet, fällt – neben der Fülle an Projekten – noch etwas anderes ins Auge. Die Beschäftigung mit Randfiguren der Gesellschaft. „Menschen, die ein Hindernis überwinden müssen, die wegen einer Sucht, einer Behinderung, oder wegen eines Handicaps, aus der Gesellschaft ausgegrenzt werden. Die sich dadurch aber die verrücktesten Lebensgewohnheiten aneignen, um ihren Platz zu finden. Karin Malwitz glaubt, dass viele sogenannte Behinderte nicht behindert sind, sie werden behindert gemacht. Das kennt die gutaussehende, gebürtige Allgäuerin, die seit 17 Jahren in Frankfurt lebt aus eigener Erfahrung. Sie wurde mit einem Hörfehler geboren.

Der Film Geigensolo, eine 20-minütige einfühlsame Tragikomödie ist voller skurriler Einfälle, die den Zuschauer gleichermaßen zum Lachen und Weinen bringen. Die Titelrolle spielt der renommierte Darsteller Jürgen Holtz (bekannt als „Motzki“). Er macht aus dem taub gewordenen Geiger auf meisterhafte Weise eine zutiefst mitleiderregende und gleichzeitig grotesk - komische Figur. Der Geiger ist dem Alkohol verfallen, haust in einem Loch von Wohnung und noch nicht einmal der Selbstmord gelingt. Im Delirium entlockt er seinem Instrument derart schreckliche Töne, dass der Zuschauer froh ist, als ihn eine ungewollte Explosion in ein angenehmeres Dasein befördert. Karin Malwitz liebt es, Originelles oder sogar Groteskes auszuprobieren, so werden z.B. schnatternden Gänse untertitelt, der Geiger begibt sich aufs Glatteis um den Festtagsbraten für sein letztes Liebesmahl zu fangen, was ihm erst gelingt, als er mit den Gänsen seinen letzten Schnaps teilt. In dem dialogarmen Film überzeugen die Bilder. Die Filmemacherin schafft es, die Zuschauer trotz der Tragik zum schmunzeln zu bringen. „Geigensolo“ ist bereits ihre siebte Produktion.

Ein früherer Film war eine poetische Inszenierung über einen blinden und tauben Masseur. Dazu schrieb sie Drehbuch, führte Kamera und übernahm die Regie. „Sinn Los“, so der Titel, beschreibt einen Mann, der aus seiner Behinderung eine positive Berufung macht. Auch diese Produktion wurde mit „besonders wertvoll“ ausgezeichnet und erhielt beim Internationalen Kurzfilm-Festival in Oberhausen den Journalistenpreis, außerdem eine Bundesfilmpreiseinladung.

Berufliche Erfolge, eine klare Zukunftsvision, ein glatter Lebenslauf? Nicht ganz. Die Erfolge sind ihr nicht zugeflogen.

Karin Malwitz hat heimlich, ohne Wissen ihrer Eltern ihre Filmausbildung absolviert. Durch den tragische Tod ihres zwei Jahre älteren Bruders, der mit dem gesamten Filmteam bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, konnte sie eine lange Zeit nicht arbeiten. Sie sagte, sie wäre damals am liebsten mit gestorben. Über dieses Unglück und seine Folgen drehte sie den ebenfalls prämierten Film „Drachentanz“. Es wurde ihr Studienabschluss Film. An „Geigensolo“ hat Karin Malwitz mehr als fünf Jahre gearbeitet. Die 35 mm Produktion war sehr aufwendig und kostete enorme Willenskraft und die letzten Nerven. Heute lacht die Regisseurin über die vielen Schwierigkeiten. Erleichtert bezeichnet sie nach der Fertigstellung von Geigensolo den Film schmunzelnd als Trümmerhaufen und fasst zusammen: „Ein 35-Millimeter-Format, ein Kurzfilm von 22 Minuten, dessen Herstellung sich durch verschiedene Katastrophen über Jahre hingezogen hat, mit insgesamt 350 Mitwirkenden, 3 ausführenden Produzenten, 12 Filmmusikern, 13 Cuttern, 5 Sounddesigner, 6 Postproduktionsfirmen, mindestens 15 Geldgebern und 3 Gänsetrainer! Und die Gänse sind kurz vorm Dreh vom Fuchs aufgefressen worden!“ „Karin, mach einen Film über den Film!’ war die Erwartung vieler Freunde und Kollegen. Seit einigen Monaten arbeitet sie mit dem Frankfurter Regisseur und Drehbuchautor Peter Zingler gemeinsam an dessen Drehbuch zum Kinofilm „Der Mottenprinz“, einer Wirtschaftswunderposse. Die Hauptrolle spielt Til Schweiger. Karin Malwitz wird die Co-Regie übernehmen. Gleichzeitig arbeitet sie an ihrem ersten eigenen Spielfilmprojekt und schreibt gemeinsam mit Peter Zingler das Drehbuch. Angelehnt an erfolgreiche Hugh-Grant-Komödien heißt die Produktion „Vier Todesfälle und `ne Hochzeit“. Es dreht sich um eine wahre Begebenheit, eine Mordserie an Obdachlosen in Frankfurt vor 15 Jahren. Das Exposé geht in vier Wochen an die Förderinstitutionen und wenn alles gut geht wird in zwei Jahren gedreht.

Natürlich möchte sie auch hier ihrem Ideal des Tragikomischen gerecht werden. „Es kann lustig werden, vielleicht auch nicht. Wir werden sehen!“ Sie lacht.

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